Die hitzig geführte Debatte um den Umgang mit dem Urheberrecht im Netzzeitalter hat nun auch den Bundestag erreicht. Dort wurde am Montag das sogenannte "Two-Strikes-Modell" diskutiert, das Raubkopierer zunächst verwarnt, ehe rechtliche Schritte eingeleitet werden. Bei den Experten erntete das Konzept aber vor allem Kritik.

Bereits seit Monaten tobt zwischen Urhebern und Internet-Nutzern ein regelrechter Flächenbrand. Beide Parteien sehen sich in ihren Rechten bedroht und überschütten die Gegenseite mit Appellen, diese Rechte doch zu respektieren. Eine Einigung konnte bisher nicht erzielt werden. Nun fand die Debatte auch den Weg in den deutschen Bundestag, dessen Unterausschuss Neue Medien sich am Montag mit dem Thema auseinandersetzte. Wie der "Spiegel" am Montag auf seinem Onlineportal berichtete, stand dabei vor allem das von Jura-Professor Rolf Schwartmann im Auftrag des Wirtschaftsministeriums entwickelte "Two-Strikes-Modell" im Fokus. Als Lösungsweg für den Konflikt konzipiert, stieß es allerdings vorrangig auf Kritik.

Schwartmanns Idee umfasse zwei Stufen und zielt auf die Mithilfe von Providern ab. Stellen Rechteinhaber fest, das auf Peer-to-Peer-Tauschbörsen mit urheberrechtlich geschützten Inhalten gehandelt wird, sollen sie sich an die Internetzugangsanbieter werden und mit ihnen kooperieren. Denn diese besitzen den Klarnamen und die Adresse des entsprechenden Nutzers. Der Raubkopierer erhalte dann vom Provider eine Verwarnung, die ihn über den Tatbestand aufklärt, sein Name wird auf einer Liste vermerkt. Bei wiederholten Verstößen sollten dann rechtliche Schritte eingeleitet werden.

Der Jura-Professor glaubt, mit seinem Modell einen Kompromiss gefunden zu haben, der die Urheberrechte schützt aber auch den Internet-Nutzern entgegen kommt. "Mit diesen Warnungen werden Personen aufgeklärt, die in Unkenntnis der Rechtslage Urheberrechte im Internet verletzen", gab er in seiner Studie zu bedenken. Und selbst diejenigen, die ganz bewusst gegen das Urheberrecht verstoßen, würden durch die Liste vorgewarnt, dass sie bereits als Copyright-Sünder überführt und vorgemerkt seien.

Sein Vorschlag sei allerdings mit weniger Beifall aufgenommen worden, als sich Schwartmann erhofft hatte, denn gleich von mehreren Seiten erntete er Kritik. So sehe Oliver Süme vom Internetwirtschaftsverband Eco in dem "Two-Strikes-Modell" einen Eingriff in das Vertragsverhältnis zwischen Provider und Kunde. Die Anbieter müssten sämtliche Aktivitäten der Nutzer überwachen, was, so Süme weiter, nicht ihre Aufgabe sein könne. Er bezeichnete sie sogar als "Hilfs-Sheriffs".

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Dieter Frey sieht in dem Modell dagegen eine Grundrechtsverletzung, denn es missachte das Fernmeldegeheimnis. Auch technisch gebe es bei dem Warnkonzepts für Raubkopierer Probleme. Die Ermittlung von IP-Adressen sei unzuverlässig, die Fehlerquote liege bei acht bis zehn Prozent, wandte der Sprecher des Chaos Computer Clubs Frank Rieger ein. Auch Florian Drücke vom Bundesverband der Musikindustrie wies darauf hin, dass das Modell vor allem "nur die Dummen" bestrafen würde, denen das technische Know-how fehle, um die Kontrollen zu umgehen.

Schwartmann zeigte sich trotz der Angriffe offensiv. Er sehe die Provider weniger als "Hilfs-Sheriffs" denn als "Boten", die die Nutzer über ihr Vergehen aufmerksam machen sollen. Auch der Netzgemeinde kämen man damit entgegen, denn diese werden zunächst mehrfach vorgewarnt, ehe es zu einer tatsächlichen Strafe komme. Statt drakonischer Strafen, müsse man auch gegenüber der Netzgemeinde auf eine gewisse Milde setzen.

Beim Bundestagausschuss konnte sein Plädoyer aber nicht punkten. Die SPD lehnte sein Modell gänzlich ab, bei den Politikern der Grünen und Linken ist es umstritten. Die FDP scheint sich dagegen uneinig zu sein. Lediglich die Unions-Fraktion sprach sich dafür aus.

Quelle: digitalfernsehen.de