Bei einer Anhörung im US-Repräsentantenhaus waren sich am Donnerstag alle Seiten einig, dass ein geplanter neuer Vertrag der Internationalen Fernmeldeunion ITU die staatliche Kontrolle über das Internet nicht erweitern dürfe. Die Vorschläge gingen so weit, erklärte Robert McDowell von der US-Regulierungsbehörde FCC, dass größere Webportale wie Google, iTunes, Facebook oder Netflix auf einer "per Klick"-Basis zur Kasse gebeten werden sollten, um den globalen Breitbandausbau zu finanzieren.

"Das offene Internet war nie stärker gefährdet als heute", warnte Vint Cerf, Co-Erfinder von TCP/IP und mittlerweile Cheflobbyist bei Google. Die auf ITU-Ebene diskutierten Papiere könnten zu einer Netzregulierung von oben herab führen, die sich negativ auf die freie Meinungsäußerung und die Sicherheit auswirken dürften. Sally Wentworth von der Internet Society zeigte sich besorgt, dass viele der erörterten Ansätze als unvereinbar mit der offenen Art und Weise angesehen würden, mit der die technischen Grundlagen des Internets derzeit gesteuert würden.

Der republikanische Abgeordnete Fred Upton sprach von "schrecklichen Ideen", die einer virtuellen Übernahme des Netzes gleichkämen und hauptsächlich von Ländern wie China, Iran, Russland und Saudi Arabien vorangetrieben würden. Auch seine Kollegin Anna Eshoo von den Demokraten, deren Wahlbezirk im Silicon Valley liegt, fürchtete, dass viele Staaten "nicht unsere Sicht auf das Internet und seine Funktionsweise teilen". Beide Fraktionen haben im Parlament in seltener Einheit eine Resolution (PDF-Datei) verabschiedet, wonach die USA sich bei der ITU weiter für ein Netz einsetzen sollten, das "frei von staatlicher Kontrolle bleibt". Zu bewahren und fortzuentwickeln sei das "Multi-Stakeholder-Modell", demgemäß alle Interessensgruppen gemeinsam die Internetsteuerung vorantreiben.

Philip Verveer vom US-Außenministerium bemühte sich, die Gemüter zu beruhigen. "Es gibt keine aktuellen Vorschläge, die ITU zu einer direkten Aufsichtsbehörde über das Internet zu machen", betonte der Botschafter. Im Kern der Debatte über einen Nachfolgevertrag für die International Telecommunication Regulations (ITR) der UN-Einrichtung auf der World Conference on International Telecommunication (WCIT) Anfang Dezember in Dubai stünden klassische, praktische Fragen der Telecom-Regulierung wie Roaming oder die Verhinderung von Betrug. Diese Linie werde von der Mehrheit der ITU-Mitglieder mitgetragen.

Es gibt Verveer zufolge aber auch einige Anträge, die das Internet als offene und innovative Plattform einschränken könnten, falls sie eine Mehrheit fänden. Es gehe dabei um Ansätze, über die Regierungen den Austausch von Inhalten begrenzen oder die internationalen Datenflüsse mit zusätzlichen Gebühren belegen könnten. Zuvor hatten zahlreiche Bürgerrechtsorganisationen die ITU bereits aufgefordert, die vorbereitenden Dokumente für das laufende Reformvorhaben offen zu legen.

Quelle: heise.de